Das Selous Wildreservat in Zentraltansania

Das Selous Wildreservat erstreckt sich mit über 50.000 km² über mehrere Regionen Tansanias. Es umfasst damit etwa fünf Prozent des gesamten Staatsgebietes. Zusammen mit dem angrenzenden Mikumi-Nationalpark, dem Udzungwa Mountains NP, dem Kilombero Wildreservat und dem Niassa Nationalpark in Mosambik ist das Selous Wildreservat Teil eines mehrere hunderttausend Quadratkilometer großen Ökosystems. Es gehört seit 1982 zum UNESCO- Weltnaturerbe und ist das größte kontrollierte Wildschutzgebiet in Afrika.

Der Rufiji in der Dämmerung

Flusspferde im Rufiji

Etwa ein Zehntel der Fläche im Norden des Reservates sind für Fotosafaris und Ökotourismus geöffnet. Hier befinden sich in der Siedlung Matambwe am nordwestlichen Rand des Reservates auch die Verwaltung und das Hauptquartier der Wildhüter. Ungefähr 8.000 Touristen besuchen diesen Teil des Parks pro Jahr, dessen Wegenetz mit Finanzhilfe der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in den letzten Jahren erheblich verbessert wurde. Seit dem Ende der GTZ-Mission 2003 sollen sich die Qualität der Verwaltung und die finanziellen Möglichkeiten jedoch deutlich verschlechtert haben.

Alltag am Fluss

Flusspferde im Rufiji

In einem Gebiet unmittelbar südlich des Rufiji befinden sich die letzten frei Nashörner Tansanias. Die Population wird auf etwa 30 Individuen geschätzt und scheint langsam zu steigen. Vor dem Abschlachten der Tiere in den 70er und 80er Jahren lebten einige Tausend Nashörner im Selous.
Die südlichen etwa neun Zehntel der Fläche sind in 42 Jagdkonzessionen (Stand 1999) aufgeteilt. Diese sind an verschiedene Jagdpächter oder Gruppen vergeben, welche lizenzierten Großwildjägern die Möglichkeit bieten,

Flusspferdbulle

einer der vielen Seen im Reservat

innerhalb festgelegter Abschussquoten Elefanten, Büffel, Löwen, Leoparden und andere Tiere zu bejagen. Eine solche Jagdsafari kann, wenn Löwen oder Elefanten bejagt werden, leicht 30000 Euro kosten. Giraffen können nicht bejagt werden, da diese in den südlichen Regionen kaum vorkommen. Das Fleisch der getöteten Tiere erhalten die Einwohner der an das Reservat angrenzenden Dörfer kostenlos, dem Jäger bleibt nur die Trophäe. Die Jagdgebiete sind offiziell nur für die Jagdpächter und die Wildhüter zugänglich, Safaris sind hier untersagt, wären aufgrund der fehlenden Fahrwege auch nur schwer möglich.

Leopard

Leopard im Baum

Das Selous Wildreservat muss sich aus den Einnahmen durch Jagd- und Fototourismus selbst tragen. Staatliche Zuschüsse gibt es nicht. Das kann man von einem armen Land wie Tansania auch nicht erwarten. In den 70er und 80er Jahren gab es im Selous, die Trophäenjagd war damals verboten, kaum Touristen und deshalb auch keine Einnahmen. Es war kein Anreiz da, die Wilderei zu bekämpfen und die Elefantenpopulation wurde von geschätzten 120000 Exemplaren auf gerade mal 25000 Stück zusammengeschossen. Noch schlimmer erging es den Nashörnern.

entspannte Hyäne

was guckst du

Von einer mehrere Tausend Tiere starken Population überlebten keine 50 das große Schlachten. Angeblich gibt es eine Eliteeinheit der tansanischen Armee, die die Wildererei im Reservat bekämpft. Die Existenz dieser Truppe und ihre rauen Methoden werden jedoch nicht an die große Glocke gehängt. Ganz unterbinden kann man die Wilderei natürlich nie. Bleibt die Jagd in all ihren Spielarten unter einer gewissen Grenze, spielt sie bei den enormen Tierbeständen im Selous aber keine große Rolle.

wer hat Angst vorm Krokodil

jagender Nimmersatt

Geschichte des Wildreservats

Das Gebiet des heutigen Selous war schon Ende des 19. Jahrhunderts nur dünn besiedelt. Offenbar waren große Teile der ursprünglichen Bevölkerung bereits Anfang des 19. Jahrhunderts verschleppt und versklavt worden. Als Richard Francis Burton und John Hanning Speke im Jahr 1858 entlang des Karawanen- wegs von Bagamoyo zum Viktoriasee über Kisaki das Gebiet passierten,

zwei der vielen Giraffen im Selous

entspanntes Flusspferd

beschrieben sie bereits das auffällige Fehlen jeglicher Besiedlung entlang der Ufer des Rufijis. Wahrscheinlich war die Gegend aber nie bevölkerungsreich. Die Böden sind wenig fruchtbar und die Tsetsefliege macht eine Viehzucht unmöglich. In den wenigen Dörfern am Rand des Reservats sieht man deshalb außer Hühnern keine anderen Haustiere. Im Rahmen des Maji-Maji Aufstands 1905-1907 und der darauf folgenden Hungersnot wurde das Gebiet von der deutschen Schutztruppe zusätzlich entvölkert. Bereits die deutsche Kolonialverwaltung richtete ein erstes (kleines) Wildschutzgebiet ein.

Dampffahrzeug der deutschen Truppen

Skorpion im Waschbecken

Den verbliebenen Bewohnern wurde die Feldarbeit untersagt und das Gebiet verbuschte großteils. Folge war eine weitere Ausbreitung der die Schlafkrankheit übertragenden Tsetsefliege, was später die britischen Kolonialherren zu Zwangsevakuierungen und zur Schaffung des Wildreservats veranlasste. Seinen Namen erhielt das Wildreservat nach dem britischen Großwildjäger Frederick Courteney Selous der in einem Gefecht mit der deutschen Schutztruppe unter General Paul von Lettow-Vorbeck am 4. Januar 1917 am Ufer des Beho-Beho-Flusses inmitten des heutigen Schutzgebietes zu Tode kam.

Blick auf den Rufiji

Ich auf einer Insel im Rufiji

Sein Grab und die Gräber von acht weiteren Gefallenen können im Reservat besucht werden. In den 1980er Jahren wurde das Schutzgebiet durch eine geplante Talsperre bei Stiegler's Gorge und die Suche nach Erdöl gefährdet, da für die erforderlichen Maschinen zahlreiche Schneisen in die Wälder geschlagen wurden, die für die Wilderer ideale Zugangsmöglichkeiten eröffneten. Sowohl der Talsperrenbau als auch die Erdölsuche erwiesen sich jedoch als unwirtschaftlich, so dass beide Projekte wieder aufgegeben wurden.

Giraffe beim Überqueren der Straße

Gerippe eines Flusspferds

Fauna und Terrain

Die Vegetation des Reservats besteht hauptsächlich aus Miombe-Wald. Vor allem um die Seen herum findet sich auch offenes Grasland. Teilweise hat man dort fast den Eindruck, in einem alten Stadtpark in Europa zu sein, so gepflegt erscheint der Rasen. Im Reservat leben alle für Afrika typischen Großsäuger.

junge Impalas

Geier an toter Giraffe

Selbst ein kleiner Bestand von Spitzmaulnashörnern hat sich erhalten. Angeblich leben wieder 60000 Elefanten im Reservat. Auch Giraffen und Flusspferde sieht man häufig. Bei der Menge an Beute gibt es natürlich auch gute Raubwild- bestände. Der bedrohte Afrikanische Wildhund hat hier eines seiner letzten Zufluchtsgebiete. Mit etwas Glück ist er auch bei einem kurzen Aufenthalt zu beobachten. Ich sah das seltene Tier leider nicht. Dafür waren wir längere Zeit an einem Leoparden und an Hyänen am Aas. Natürlich ist der Selous auch ein Paradies für Vögelfreunde. An den Seen sieht man viele Störche, Löffler und Säbelschnäbel.

Geier zerlegen Giraffe

Geier kämpft um seinen Anteil

In den Bruchkanten des Rufijis brüten Bienenfresser und Eisvögel. Geier sieht man in Mengen dort, wo das Raubwild zugeschlagen hat und natürlich gibt es auch fast alle anderen, für Afrika typischen Vogelarten, wie zum Beispiel Gabelracken oder Webervögel. Das auffälligste Reptil im Reservat ist das Nilkrokodil. Im Rufiji und den vielen Seen leben Tausende der Echsen. Tagsüber liegen sie oft am Ufer, um sich aufzuwärmen. Nähert man die den Echsen zu Fuß, gleiten die großen Exemplare ins Wasser. Kommt man dem Ufer dann zu nahe, wird man vielleicht gefressen. Natürlich gibt es auch jede Menge Schlangen und Eidechsen im Reservat.

Triel am Boden

Gabelracke

Wissenswertes für den Besucher

"Nur" etwa 2000 Quadratkilometer des riesigen Reservats sind für Fototouristen zugänglich. Die meisten Lodges liegen knapp ausserhalb des Reservats am Rufiji. Ich war bisher zweimal im Mbega-Camp und immer zufrieden. Man ist mitten in der Wildnis in großen Armeezelten mit Sanitärbereich untergebracht. In den letzten Jahren hat der Tourismus dort stark zugenommen. Deshalb sind viele neue Lodges entstanden. Manche sind unglaublich teuer. Ich war Anfang November 2007 im Selous. Es hatte kurz vorher geregnet

Mbega-Lodge

Bar der Mbega-Lodge

und deshalb konzentrierten sich die Tiere nicht wie in der Trockenzeit um die Wasserstellen. Trotzdem gab es noch viel zu sehen. Höhepunkte waren eine tote Giraffe, die von Geiern und Hyänen verwertet wurde und ein Leopard, der mehrere Stunden unsere Anwesenheit duldete. Ich kann einen Aufenthalt im Selous nur empfehlen. Die Tierwelt ist spektakulär, die Gegend noch ziemlich unberührt und die Anzahl der Besucher hält sich in Grenzen. Auch wenn im Fernsehen oft fälschlicherweise behauptet wird, die Nationalparks Afrikas seien überlaufen, stimmt das für die meisten nicht.

Ein Nilwaran auf der Jagd

Eine tote Giraffe riecht streng
Vergleicht mal die vielleicht 8000 Besucher im Selous und die Massen, die die Parks in den USA überlaufen. Allein im viel kleineren Yellowstone fahren gleichzeitig Hunderte von Schneemobilen rum. Die afrikanischen Nationalparks müssen auch ihren Unterhalt einspielen. Sonst kann es passieren, dass das Personal ausgedünnt wird, die Wilderei dadurch überhand nimmt oder sie sogar wieder ihren Status verlieren und zu Ackerland werden.